Das iPhone 6 und sein großer Bruder

Na, DAS war ja ein Hype am Dienstag abend um 19:00 unserer Zeit. Apple hatte zur Produktvorstellung geladen, und die Transatlantikkabel waren am Ende…
Nicht nur, dass der angebotene Livestream öfter mal zusammenbrach, auch andere Server in den USA, die damit überhaupt nichts zu tun hatten waren zeitweise nicht erreichbar.
Und das alles für genau das, was erwartet worden war: Neue, größere iPhones und eine Apple Uhr, die AppleWatch. Lediglich bei letzterer gab es milde Überraschungsmomente, das hatte Apple alles gut unter dem Deckel gehalten.
Bei den iPhones tat sich Erwartbares: Größer (4,7″ und 5,5″), dünner, schneller. So groß, dass es für flüssige einhändige Bedienung einen hilfreichen Trick gibt: Zwei mal den Home-Button tippen (nicht drücken), dann rutscht die obere Hälfte des Bildschirmes nach unten. Praktikabilität bleibt abzuwarten…

Apple Watch

Die AppleWatch sieht für ein erstes Modell nett, aber etwas knubbelig aus. Wie üblich hat sich Apple viele Gedanken zur Bedienung gemacht, und die sieht veilversprechend aus: Statt mit dicken Finger auf dem kleinen Display rumzuorgeln wird mit einer „digitalen“ Krone vergrößert und verkleinert, Programme ausgewählt und mehr. Auf dem Schim tippt oder drückt man jetzt nur noch, und löst damit unterschiedliche Dinge aus. Ach ja: Auf dem Schirm malen kann man auch – und das Gemalte dann verschicken. Lieferbar ab Anfang 2015. Muss man eigentlich haben, oder?

Eine Frage, die seit der Vorstellung die Gemüter erhitzt und erregte Pro- und Kontra – Diskussionen lostritt. Die einen fühlen sich belauert, die anderen sehen völlig neue Möglichkeiten.
Diese neue Produktkategorie trägt den Namen „Wearables“, Tragbares. Bis vor kurzem war diese Kategorie noch für die Mobiltelefone reserviert, die mittlerweile auch leistungsstarke Computer in der Tasche sind.
Apple hat schnell klar gemacht, dass so eine Uhr nur zusammen mit einem iPhone (ab Baureihe 5) funktioniert, bis auf ein paar elementare Dinge (Uhrzeit, Musikhören beim Joggen, etc.).
Und wenn Apple das vernünftig hinbekommt mit der Verlängerung des iPhones an das Handgelenk, dann verlagert sich bei vielen Menschen die hundert mal am Tag gemachte Bewegungsfolge „Telefon aus der Tasche, anschalten, prüfen ob was Neues angekommen ist, ausschalten, einstecken“ in eine schon lange vorher erprobte Zivilisationtechnik: Ab und an auf die Uhr sehen – ab sofort wahrscheinlich deutlich öfter.

Apple Pay

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Bargeld: Überflüssung dank ApplePay?

Aber so etwas eingeklemmt zwischen iPhone und AppleWatch war eine Ankündigung, die vielleicht deutlich größere Auswirkungen auf unser digitales und reales Leben haben wird: ApplePay.

Der Titel in einer großen deutschen Tageszeitung war schon: „Apple schafft die Banken ab„.

Bereits seit vielen Jahren versuchen verschiedene Mitspieler im Feld der bargeldlosen Bezahlung einen Standard zu etablieren, es hat sich aber nichts so richtig durchgesetzt. Und auch der jetzt von Apple verwendete Standard Near Field Communication (NFC)“ ist nichts Neues: Telefone mit einem eingebauten NFC-Chip gibt es schon seit Jahren, dem Durchbruch des Systemes steht aber das „Henne/Ei“-Problem im Weg: Es gibt keinen einfachen Standard und zu wenig Telefone mit System und Chip, und deswegen gibt es noch wenige Akzeptanzstellen. Das könnte Apple jetzt ändern, durch schiere Stückzahl und ein einfaches und sicheres System.
Vom iPhone 6 und 6+ wurden in den ersten 24 Stunden 4 Millionen weltweit vorgestellt. Ab Freitag, den 19.9. gibt es 4-8 Millionen mehr Menschen mit iPhone, die an jeder Kasse ab sofort mit dem iPhone vor dem Terminal herumwedeln und sich wundern, dass es noch nicht klappt.
Und hier ist für die gesamte Branche eine Gelegenheit, bargeldlose Zahlungen endlich durchzusetzen.
Apple in Gestalt von Eddy Cue, verantwortlich für Online-Dienste, umriss in seinem kurzen Vortrag dazu den Sicherheitsaspekt: Die Informationen zu Kreditkarten werden nur lokal auf dem Gerät gespeichert, und das auch noch verschlüsselt in einem getrennten Speicherbereich, dem „Secure Element“. Während eines Zahlvorganges werden bei ApplePay NICHT die Kreditkartendaten übermittel, statt dessen wird aus diesen Daten ein anonymisiertes Token erzeugt und übermittelt. Dieses Token wird dann im Terminal mit einem Token der Kreditkartengesellschaft abgeglichen. Stimmen die beiden überein, wird die Bezahlung autorisiert. Apple erfährt durch diesen Ablauf weder WO sie einkaufen noch WIEVIEL Sie bezahlen.

Nun können die Sorge um Datensicherheit und Privatsphäre viele Firmen behaupten, immerhin war der Wahlspruch von Google mal „Don´t be evil“. (Ist er immer noch? Erstaunlich. Ohne rot zu werden…)

Apple hat jetzt grade die Bestimmungen für Entwickler deutlich verschärft: Die Gesundheits-App eines Entwickler, die erfasste Daten zu etwas anderem verwendet als zur unmittelbaren Funktion der App – dies App fliegt sofort aus dem AppStore. Dazu gehören ausdrücklich auch die Weitergabe der Daten an Werbetreibende.

Bei Apple ist aber die grundsätzliche Ausrichtung so, dass einem diese Beteuerungen eher glaubhaft erscheinen.

Während eines Interviews im amerikanischen Fernsehen hat Tim Cook etwas Grundsätzliches dazu gesagt:

„Our business is based on selling [products]. Our business is not based on having information about you. You are not our product.“

 

[Unser Geschäft ist es, Produkte zu verkaufen. Unser Geschäft basiert nicht auf Informationen über Sie. Sie sind nicht unser Produkt.]

Und hier zeigt sich der fundamentale Unterschied zu Google: Bei Google ist das Produkt der Anwender – Sie, beziehungsweise die Daten über Sie. Der Kunde von Google ist der Werbetreibende. Bei Apple ist das Produkt ein Gerät, und der Kunde sind Sie.

Und diese vielen Faktoren zusammengenommen könnten tatsächlich dafür sorgen, dass es mit Hilfe von Apple gelingt, dem siechenden bargeldlosem Zahlungsverkehr auf die digitale Beine zu helfen.