Nach der Vorstellung der neuen Mac Book Pro beginnt im Netz wieder das große Schlachten. Alle haben wer weiß was erwartet und etwas bekommen, was offensichtlich nicht den eigenen Ansprüchen genügt.
Ich kann die Reaktion verstehen, wenn man etwas erwartet hat und dann nicht bekommt, dann stampft man schon mal mit dem virtuellen Fuß auf den virtuellen Boden und murmelt ein virtuelles „Och menno!“

Wunder? Aber gern!

Ich frage mich dann immer, warum das rostige Instrument „Apple ist nicht mehr innovativ“ so gern getrötet wird.
Was erwartet Ihr von Apple? Kopfhörer, die Krebs heilen? Ein iPhone, das bei Verlust von selbst nach Hause läuft? Wunder? Benzinpreis unter 1€?
Innovativ ist das Ausentwickeln und Zusammenfügen von Technologie, so geschehen mit dem iPhone („Dies sind nicht drei Geräte…“), wie beim iPad und wie bei der Uhr.
Ich weiß gar nicht genau, was ich erwartet hatte, ich habe, nach etwas Nachdenken, eigentlich das bekommen, was ich wollte: Ein neues MacBook Pro, besser ausgestattet und mit weniger Gewicht. Da ich das immer mit mir rumtrage – warum nicht etwas weniger Gewicht?  Die zwei meist vorgebrachten Beschwerden: „Nur 16GB“ und „Schon wieder neue Anschlüsse“? Bestenfalls merkwürdig.
Die 16GB sind schlicht und einfach Intel geschuldet. Mehr als 16GB verringert die Akkulaufzeit deutlich. Was wäre die Reaktion im Netz gewesen, wenn das neue Gerät noch schneller getaktet gewesen wäre, dafür aber nur nur wenige Stunden Laufzeit gehabt hätte?
Neue Anschlüsse: Was denn nun, innovativ oder den VGA-Ausgang mitschleppen?
An meinem aktuellen MacBook Pro haben ich mindestens zwei Anschlüsse, die ich noch nie genutzt habe – aber mitbezahlt. Ja, ich rede von Dir, HDMI-Ausgang.
Jetzt habe ich vier Universalports. Die kann ich mir per Adapter so zusammenstellen, wie ich es brauche.
An meinem Schreibtisch liegt schon ein einziger Adapter bereit: USB-C auf Thunderbolt 2, damit nutze ich alles weiter wie bisher.

Touch Bar? Unsinn. Braucht niemand!

Interessant auch die schlicht falsche Zusammenfassung, das neue MacBook Pro hätte nur eine Leiste mit Emoticons als neues Feature.
Hier, finde ich, herrscht das größte Unverständnis über das, was dieser Touch Bar bedeutet.
Wer jemals beobachtet hat, wie der Besitzer eines Windows – Notebooks mit Touchscreen damit umgeht, weiß, dass das ergonomischer Unsinn ist. Die Hände laufen hin und her, von der Tastatur über die Maus zum Bildschirm, beim Tippen auf dem Bildschirm wackelt das ganze Ding im Wind – das würde ich als Irrweg der Evolution betrachten.
Zu allererst einmal ist der Touch Bar ein Bruch mit einer jahrzehntealten Tradition. Nämlich die der fest codierten Tasten, von denen ich maximal zwei oder drei jemals genutzt habe. Jetzt haben wir in direkter Nähe der tippenden Finger einen variablen Kontrollstreifen. Auf der Keynote haben wir alle den Musiker gesehen, der den Touch Bar virtuos genutzt hat. Davon kommt noch mehr…

Eine sich langsam entwickelnde Innovation

Der integrierte Fingerabdrucksensor. Damals, bei der Einführung auf dem iPhone war der Tenor genauso: „Wozu braucht man das?“ Braucht man nicht, hat aber dazu geführt, dass iPhones sicherer geworden sind: Mehr Menschen nutzen jetzt überhaupt einen Sperrcode. Der dahinter stehende langfristige Gedanke: macOS und iOS immer enger miteinander zu verzahnen. Man kann es versuchen wie Microsoft: Ein System für alle Plattformen. Besser?
Evolution statt Revolution – das macht gute Produkte aus

Kommen wir zur Uhr. Ja. Die Uhr.

Wenn man eine Uhr als Uhr sieht.
Lösen wir uns mal kurz vom Begriff „Uhr“. Denken wir mal eben „Computer“. Genau das hat 2007 begonnen: „Mama, sie haben den Computer geschrumpft“. Wer heute ein iPhone 7 in der Tasche hat, trägt mit sich Rechenleistung wie im MacBook Air 2012 herum. Und nutzt sie auch.
Das Ganze macht Sinn, wenn man sich mal die durchschnittlichen Interaktionszeiten mit den einzelnen Geräten ansieht: MacBook und iPad: Stunden. iPhone: Minuten. Apple Watch: Sekunden. Es gibt damit für jede Aktion eine passende Zeitspanne auf dem passenden Gerät. Eine SMS beantworten? Sitzt man grad vor dem Rechner: Mit dem Programm „Nachrichten“. Etwas Ruhe unterwegs? iPhone. In Bewegung? Watch, entweder die vorgefertigten Nachrichten oder diktieren.
Auch hier: Evolution statt Revolution. Was wäre passiert, hätte Apple in der Version 1 mit der damals verfügbaren Technologie eine Uhr vorgestellt, die GPS/GSM an Bord gehabt hätte und ohne iPhone ausgekommen wäre? Mit einer Batterielebensdauer von 6 Stunden? Ganz recht, ein Flop. Die Technologie war ganz einfach noch nicht so weit.
Und so: Generation 1 ein durchaus nutzbares Technologie-Beispiel, Generation 2 deutlich besser (autarkes GPS, wasserdicht, heller).
Wir wären jetzt, in iPhone Zyklen gerechnet, noch vor dem iPhone 4. Denken wir mal die Uhr in der Generation 7 weiter, mit der in den Jahren dann ausgereiften und neu entwickelten Technik, da wird uns schon noch Innovatives bevorstehen.

Die Summe der Teile macht es…

Es sind die Kleinigkeiten, die in der Summer erst als Innovation bemerkbar werden. Ich komme an meinen Rechner, der Sperrbildschirm begrüßt, mich, darunter steht klein: „Entsperren mit der Apple Watch“, und zack – los gehts.
Als Fotograf würde ich sagen: Teleobjektiv ab, nicht auf die Details starren, Weitwinkel drauf und das große Ganze auf sich wirken lassen. Das zeigt eine Ahnung, was Apple vorantreibt: Den Computer reibungslos und mit möglichst wenigen möglichst reibungsarmen Schnittstellen in unser Leben zu integrieren.
Dieser Text wurde auf einem MacBook angefangen, in der Bahn auf dem iPhone weitergeschrieben, korrigiert auf dem iPad und eingestellt wieder auf dem MacBook. Ohne sich ein einziges Mal Gedanken zu machen, wo denn die aktuelle Version ist. Vor einigen Jahren wäre das noch ein Headline-Feature gewesen, jetzt ist es normal.
Ich bin mal gespannt, was in drei, vier Jahren mit iPhone, iPad, Watch und Mac „normal“ ist. Jede Wette: Spannend wird es auf jeden Fall sein.