WWDC14Der Basar der Meinungen zur WWDC14 ist eröffnet. Da bauen wir doch gleich mal unseren kleinen Stand in der Ecke auf und haben – mal wieder – eine eigene Meinung.
Schlimmste Nachricht zuerst: es gab keine Hardware. Nichts. Nada. Zilch. Kein neues iPhone, keine neuen Rechner, weder iWatch noch sonst was.
Beste Nachricht danach: es gab keine neue Hardware. Das hätte auch bei der unglaublichen Menge an Neuheiten im Softwarebereich die Keynote statt zwei Stunden vier Stunden lang werden lassen. Und, seien wir ehrlich – es stand ja irgendwie auch im Titel „Worldwide Developer Conference“. Zielgruppe waren nicht Sie und wir, Zielgruppe waren die Entwickler. Die Kommentare waren wie zu erwarten: Negativ alle, die kurzfristig denken – erstaunlicherweise viele sogenannte „Finanz-Analysten“. (Dieser Berufsstand wird mir immer suspekter- wenn das überhaupt noch möglich ist)
Positiv all diejenigen, die Apple kapiert haben (Das bestmögliche Produkt zu bauen) und jetzt einen weiteren Schritt dahin zu sehen. Diese Schritte macht Apple immer dann, wenn die Zeit reif ist – und danach sah es aus.

In Kurz:

Apple hat für Benutzer und Entwickler ALLE bekannten und benörgelten Schwachstellen auf einen Schlag aufgehoben, es gibt ab Herbst diverse neue „Sammelstellen“ für Dienste und Geräte, und für die Entwickler war das eine „Träume werden wahr“- Veranstaltung.
Auf dieser Konferenz hat Apple die Softwaregrundlage für neu Geräte und Dienste gelegt, und spätestes nach dieser Veranstaltung bin ich sicher, dass wir im Laufe des Jahres neu, spannende Sachen sehen werden

In Lang:

Unterteilt war die Veranstaltung in drei Bereiche, die Tim Cook beim Betreten der Bühne auch gleich kategorisch ankündigte:
OSX, iOS und Entwickler. Kategorisch deswegen, weil in keinem Nebensatz irgendwo Luft gelassen wurde für Hardware, iWatch und ähnliches.
Und dann ging es so konzentriert zur Sache, wie ich es noch auf keiner WWDC vorher gesehen habe: Im Sekundentakt hieß es „Next: …“ und ein neues Feature wurde gezeigt. Apple nahm sich nicht mal Zeit für die obligatorischen Shop-Eröffnungen, die letzten Zahlen, irgendwelche Werbung.

OS X „Yosemite“

Der Schwerpunkt der nächsten Betriebssystemgeneration liegt eindeutig auf der Anpassung untereinander und der Verzahnung miteinander. OSX „Yosemite“ erbt Designelemente von iOS, aber nur dezent und ohne den Funktionsumfang zu reduzieren (ok, „PhotoBooth“ ist nicht mehr…) oder Funktionen zu verstecken.
Die Mitteilungszentrale wird erweitert, kann jetzt Widgets von Drittanbietern aufnehmen und ist konfigurierbar; Spotlight geht jetzt nicht mehr rechts oben auf, statt dessen prominent in der Mitte, die Suche ist erweitert und verbessert; die Knöpfe zum Vergrößern und Verkleinern eines Fensters sind etwas verändert. Die wesentlichen Veränderungen sind allerdings die, die sich im Zusammenspiel mit iPhone und iPad zeigen.

iCloud Drive

Der Nachfolger von iCloud. Wesentlich aufgebohrt und DEUTLICH preiswerter, 200GB jetzt ca. 50€ pro Jahr. Bisher waren alle Dokumente in der iCloud untereinander abgeschottet, Pages konnte nur Pages-Dokumente sehen, Numbers nur Numbers-Dokumente. Richtig schlimm war das bei Programmen, die offene Formate benutzen. Mit „Vorschau“ kann man nur Vorschau-Dokumente öffnen, keine anderen Text-Dokumente. Sehr nervig, und einer der Gründe, warum iCloud nicht so richtig Fahrt aufgenommen hat. Jetzt ist iCloud Drive einfach ein Volumen, in dem man seine Dokumente in Ordnern organisieren kann. Dropbox made by Apple. Der Zugriff auf die Dateien wird nach Angaben von Apple sowohl mit OS X und iOS als auch mit Windows 8 möglich sein – kein Android. Die Zügel gegen Google werden angezogen…
Damit verbunden ein neues Feature von Mail: Mail Drop. MailDrop erlaubt das Versenden von Mail-Anhängen (maximal fünf GByte) über die iCloud. OSX „Yosemite“ -Nutzer bekommen den Anhang im Mailprogramm dargestellt, allen anderen wird ein Link zum iCloud Drive angezeigt.
Ebenfalls neu in Mail: „Markup“. Damit kommentiert man Fotos unter anderem durch direktes Malen auf dem jeweiligen Inhalt. „Markup“ wandelt grobe Striche in saubere Formen um. Darüber hinaus ist es auch möglich, Ausschnitte eines Fotos auf einfache Weise zu vergrößern und zu betonen.

Continuity

Unter diesem Schlagwort versteckt sich die aufregenste Neuerung. Die Einführung zu diesem Zeitpunkt zeigt so ein wenig Apples Denkweise: Features erst einzuführen, wenn sie nicht neu sind, sondern auch nützlich und einfach zu nutzen. Am Beispiel der Apple-eigenen Software (Mail, Safari, Pages, etc.) gab es das zu sehen. Continuity soll die reibungslose Zusammenarbeit zwischen Mac OS X und iOS verbessert, und am Beispiel von „Handoff“ konnte man das wunderbar sehen. Bei Handoff merken alle eigenen Geräte, das sie in räumlicher Nähe zueinander sind.

Handoff

Man beginnt auf dem Rechner am Schreibtisch eine Mail zu schreiben, steht auf, macht sich einen Kaffee, setzt sich auf das Sofa, nimmt das iPad zur Hand: Unten links in der Ecke des Sperrbildschirmes ist ein kleines Mail-Symbol, ein Wisch nach oben bringt Mail auf dem iPad nach vorn, mit der angefangenen Mail im Vordergrund und dem Cursor an der Stelle, an der man auf dem Rechner aufgehört hat. Ebenso bei Safari, Numbers, Pages, etc. Diese Schnittstelle wird auch für die Entwickler freigegeben, wir werden da mit Sicherheit sehr spannende Entwicklungen sehen.

Continuity bei SMS und Telefon

Wunderbares neues Feature: Sie schreiben eine SMS an jemanden, der kein iPhone hat und somit eine reine SMS bekommt, stöpseln das iPhone zum Laden ein und setzen sich zu Ihrem inzwischen nur noch lauwarmen Kaffee auf das Sofa. Jetzt antwortet Ihr Gegenüber per SMS. Die landet auf dem iPhone, welches mehrere Meter entfernt zum Laden liegt. Bisher hieß es aufstehen, entriegeln, lesen und mit iPhone am Ladekabel telefonieren, um Details zu besprechen.
Jetzt geht das anders: Die SMS kommt auch auf dem iPad an, und nach dem Lesen können Sie z.B. mit dem iPad anrufen. Der Anruf geht über das immer noch mehrere Meter entfernt ladende iPhone, das iPad dient nur als Lautsprecher und Mikrofon.

Nächster Schwerpunkt: iOS 8

Leichte Korrekturen am Design, und Behebung aller bemängelten Schlechtigkeiten. Wo anfangen? Allgemein: Siri hat jetzt auch einen „Hands-Free“ – Modus. Also nicht mehr den Home-Button länger drücken uns sprechen, jetzt reicht ein im Kommandoton hingworfenes „SIRI,…“.

Interaktive Mitteilungszentrale

Neu eintreffende Mitteilungen können jetzt direkt in der Nachrichtenzentrale am oberen Bildschirmrand beantwortet werden, ohne das grad benutzte Programm zu verlassen. Und die Zentrale kann jetzt mit Dritt-Anbieter-Widgets erweitert werden.

Apps können das System erweitern

Apps erhalten jetzt die Möglichkeit, Ihre Dienste anzubieten. Gezeigt wurden einige Beispiele, wie das geht: Man hat eine japanische Webseite offen, ruft das sogenannte „Share-Sheet“ auf, und da klinkt sich dann „Bing Translate“ ein. Ein Tipp darauf, und die Seite erscheint in der passenden Übersetzung. Mit einem weiteren Tippen kann man dann das Ganze gleich bei Pinterest posten. Ein weiteres Beispiel war ein Programm, mit dem man Wasserfarben-Effekte auf Bilder legen kann. Dieses Programm muss man normalerweise aufrufen, ein Bild aus der Photobibliothek laden, bearbeiten und zurückspeichern. Bietet dieses Programm seine Dienste über die neue Schnittstelle an, kann man direkt in der Camera-App diese Bearbeitungen durchführen. Das Ganze geht soweit, dass sich auch andere Tastaturen im iPhone nutzen lassen.
Ein immer wiederholter Hinweis war der auf die Sicherheit: Im Gegensatz zu Android, bei dem man einer App globale Rechte einräumt, bieten die Programme nur Ihre Dienste an, und der Anwender kann entscheiden, ob er sie von App zu App nutzen will. Also keine Tastatur, die man für ein Textprogramm nutzen möchte, und die aber auch im Banking – Programm fleißig mitschreibt und das Erlauschte in dunkle Kanäle leitet. Das wird unter anderem damit unterbunden, dass alle genutzten Tastaturen KEINEN Netzwerkzugriff haben. Den muss der Benutzer erst ausdrücklich freischalten.

Health

Der erwartete Vorposten für die vielen Sensoren, Schrittzähler und Herzfrequenzmesser. Apple bietet allen Herstellern dieser Produkte eine zentrale Sammelstelle für die Daten an. Und da erwarten wir ja auch von Apple irgendwann (im Herbst?) eigene Geräte.

HomeKit

Auch dies: Eine zentrale Schnittstelle für das intelligente Heim. Alle Lampen, Thermostate und Rolläden hören auf ein Kommando. Und das kann zum Beispiel Siri sein: „Siri, ab ins Bett“. Danach wird das Garagentor geschlossen, die Tür und der Kühlschrank verriegelt, die Lampen gedimmt…

TouchID

Apple erlaubt Entwicklern jetzt den Zugriff auf den Touch-ID Sensor. Wohlgemerkt, nur auf den Status (richtiger Fingerabruck) und nicht auf die Fingerabdruck – Daten. Endlich. Zahlungen autprisieren, Zugänge entsperren und einfaches Einloggen.
Damit wird dann 1Password richtig rund: Entriegeln mit Fingerabruck, und dann noch die Möglichkeit, auf die Webseite in Safari zuzugreifen…

Metal

Mehr der Vollständigkeit halber und weil ich immer noch hartnäckig darauf spekuliere, dass AppleTV als Spielekonsole wiedergeboren wird. „Metal“ beschreibt das Fehlen überflüssiger Softwareebenen zwischen App und der Hardware.
Ergebnis: Die Berechnung komplizierter Grafik wird deutlich beschleunigt, wie an einigen Demos zu bestaunen war.
Wieder ein Baustein mehr: A7 Prozessor, Metal, und irgendwann passen diese Puzzleteile alle zusammen und formen eine „iGame“ – Konsole…

„One more Thing…“

Und dann gab es doch so einen kleinen „One more thing“-Moment: im neuen Apple Developer Kit, „XCode“, ist gleichwertig neben den bereits vorhandenen Sprachen C und Objektiv-C eine neue Entwicklersprache aufgetaucht: „Swift“.
Swift soll es Programmierern deutlich einfacher machen, schneller bessere Programme zu schreiben. Bei der Vorstellung gab es erste Ohnmachtsanfälle, und ein Kommentator twitterte: „OK, meine vorsichtshalber angezogenen Astronautenwindeln sind jetzt voll…“.
Das und die 4000 (!) zusätzlich neu hinzugekommenen Schnittstellen (APIs) für Entwickler werden dafür sorgen, dass wir eine neue Qualität von Apps bekommen. Viele davon werden iPhone und Mac immer enger miteinander verzahnen. Dafür sorgt wiederum Apple, weil es den dafür notwendigen Dienst über die iCloud den Entwicklern kostenfrei zur Verfügung stellt.

Wie schrieb ein namhafter Beobachter:

We just saw how software advances the Apple ecosystem. In the fall we will see the hardware to advance it even further.

Oder, um mit Dan Frakes von der MacWorld zu sprechen:

The amount of new stuff in iOS 8 and OS X Yosemite is just crazy. Anyone saying this keynote is disappointing needs their head examined.

Ich darf kurz übersetzen?

„Die Menge an neuen Dingen in iOS8 und OS X Yosemite ist einfach nur verrückt. Jeder, der sagt, dass diese Keynote enttäuschen war, der sollte sich seinen Kopf untersuchen lassen.

Mal wieder brechen spannende Zeiten an. In den nächsten Tagen versorgen wir Sie auf unserer Website mit weitergehenden Informationen, und wir werden das Ganze natürlich wie gewohnt darauf hin abklopfen, ob und wie das Ihren Arbeitsablauf verbessern kann.