Überraschende Vernetzung auf Nordseeinseln

Auf eine der Nordseeinseln fährt man ja gern, um der allgegenwärtigen Beschleunigung zu entgehen. Gleichzeitig will man aber auf die Segnungen des modernen Lebens nicht verzichten, der MiFi-Router kommt ins Gepäck. Am Bahnhof Bensersiel nach Langeoog ein erster Hauch von Moderne. Die Fahrkarte wird gekauft, es gibt kein Papierstück, statt dessen wandern zwei Chipkarten, die „Langeoog-Card“ über den Tisch. Darauf ist die Fahrt mit der Fähre gespeichert.

Der Einstieg aufs Schiff erfolgt dann über Automaten, in die man die Chipkarte schiebt und der den Zugang freigibt.

Auf dem Schiff gibt es neben Grog und Heißwürstchen auch eine Ansage des Kapitäns, dass er eine gute Überfahrt wünsche und man bitte daran denken möge, die zu entrichtende Kurtaxe ebenfalls auf der Chipkarte zu speichern.
Im Hotel angekommen stellt sich die Mitnahme des eigenen Routers als überflüssig heraus: Das Hotel hat hervorragendes WLAN.

Bei einem nächtlichen Spaziergang bei kräftigen Wind und Regen fallen uns zwei einsame, beleuchtete Automaten am Rathaus auf: Kurtaxenzahlautomaten. Kurz entschlossen lesen wir die erste unserer beiden Karten ein, der Automat erkennt unser Anreisedatum und fragt nach, wann wir abzureisen gedenken. Datum auswählen, und danach wird es richtig gut: Die Software erkennt, dass die beiden Fahrkarten zusammen gekauft wurden und bietet an, die Kurtaxe doch gleich für beide Karten zu entrichten. Gefragt – getan, die „Amöben-Karte“ (die N26 Maestro-Card) eingeschoben, der geforderte Betrag wird abgebucht, die Bestätigung kommt auch in wildem Nordsee-Wetter sofort auf die Apple Watch. Die zweite Karte ist an diesem Vorgang gänzlich unbeteiligt – sie liegt im Hotelzimmer – und die Ehefrau ist skeptisch: „Unbedingt die Quittung aufbewahren“, in Erwartung von Problemen bei der Ausreise. Die Quittung klärt uns darüber auf, dass uns der „Automat links“ bedient hat.

Das Aufbewahren der Quittung ist aber gänzlich unnötig, das Passieren der Drehkreuze zum Schiff bei der Rückfahrt verläuft reibungslos. Der Mensch neigt dazu, sich Dinge verständlich zu machen, und etwas „auf einer Karte zu speichern“ ist einfacher zu realisieren als der aktuelle Vorgang: Einem zentralen Elektronenhirn eine eindeutige Nummer zu sagen und die Aufforderung damit zu verbinden, er möge sich doch bitte zu dieser Nummer die Zahlung der Kurtaxe vermerken und auf Anfrage bestätigen.

Technischer Fortschritt, erlebt…

Technischer Fortschritt, erlebt…

Screenshot Watch

Von 2015 bis jetzt: Zugfahren noch einfacher. Vor ziemlich genau zwei Jahren habe ich hier einen Artikel eingestellt, in dem ich stolz berichte, wie man beim Zugfahren immer die wesentlichen Daten zur Hand hat, ohne neben Gepäck und Kaffeebecher auch noch die gedruckte Fahrkarte zu halten, um Wagen und Sitzplatz zu finden.
Damals (zu finden hier) war an diesem Prozess eine Pebble Smartwatch, das Programm Evernote und etwas Vorbereitung beteiligt. Im Laufe der beiden letzten Jahre hat sich das deutlich erstens vereinfacht und ist zweitens auch noch funktioneller geworden.
Aktuell ist daran beteiligt ein iPhone, eine Apple Watch und das Programm DB Navigator. Die Vorbereitung beschränkt sich jetzt darauf, die Fahrkarte online zu kaufen. Ist man im Programm „DB Navigator“ angemeldet, dann landet die aktuelle Fahrkarte automatisch auf dem iPhone. Ruft man vor Beginn der Reise noch den aktuellen Reisplan des Tickets auf, dann kann man anschließend das Telefon in der Tasche lassen. 30 Minuten vor Abfahrt gibt es auf der Apple Watch einen Hinweis, dass die Reise an Gleis 8 gleich losgeht, und steht man an Gleis 8, bietet die Watch automatisch die nötigen Informationen über Gleis, Wagen und reservierten Sitzplatz. Während der Fahrt aktualisiert sich die Anzeige laufend, und die Informationen passen dann zum Umsteigen, inklusive eventueller Verspätungen.
Im damaligen Artikel fragte ich mich, ob es nicht einfacher wäre, einfach die ausgedruckte Fahrkarte mitzuführen. Das kann man aktuell deutlich verneinen, allerdings wirft das deutsche Steuerwesen hier dem Fortschritt Papier zwischen die Beine: Um eine Reise abzurechnen, benötigt die Buchhaltung eine ausgedruckte Fahrkarte mit Zangenabdruck, als Beweis, dass die Reise auch wirklich angetreten wurde.